Das erste Konzert in unserer Reihe „Westfälische Schätze der Musik“

Das erste Konzert in unserer Reihe „Westfälische Schätze der Musik“ wird am Samstag, den 8. November 2025 in der Dionysiuskirche Havixbeck sowie am Samstag, den 15. November in der Aula des Schillergymnasium Münster, jeweils um 16 Uhr, aufgeführt werden.

Sämtliche Werke des heutigen Konzerts stammen aus den Beständen der Fürst zu Bentheimschen Musikaliensammlung Burgsteinfurt, die insgesamt etwa 1900 Notenbände umfasst und ursprünglich für die Musikpflege des Burgsteinfurter Hoforchesters in der Konzertgalerie des Bagno angelegt wurde. Diese Sammlung liegt seit 1964 als Leihgabe in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster. Näheres dazu findet sich unter https://www.ulb.uni-muenster.de/sammlungen/musik/bentheim-burgsteinfurt.html . Unser Konzertmoderator Priv.-Doz. Dr. Daniel Glowotz forscht und lehrt seit acht Jahren an der Universität Münster zu dieser Sammlung.

Programm

  1. Johann Friedrich Klöffler (1725-1790), Sinfonie périodique No. 1 D-Dur (ca. 1770)
    • Adagio – Allegro molto
    • Andante
    • Rondo – Allegro
        
  2. Paul Heinrich Masch (18. Jahrhundert), Sinfonia No. 5 C-Dur (ca. 1780)
    • Largo – Allegro
    • Andante amoroso
    • Minuetto
    • Rondo Moderato
       
  3. Johann Friedrich Klöffler (1725-1790), Simphonie périodique No. 23 D-Dur (ca. 1770)
    • Allegro maestoso
    • Adagio
    • Presto

 

Die Komponisten und ihre Werke

Johann Friedrich Klöffler

Der wohl bekannteste Vertreter der Hofkapelle der Grafen zu Bentheim und Steinfurt war ihr erster Hofkapellmeister Johann Friedrich Klöffler (1725-1790), der am Burgsteinfurter Hof nicht nur das Orchester, sondern auch die Finanzverwaltung leitete. Klöffler stammte aus Kassel, wo er seine Ausbildung zum Cembalisten, Organisten und Flötisten bei seinem Vater, einem Kantor, erhalten hatte. Zugleich bildete sich Klöffler im Verwaltungswesen weiter. Diese Qualifikation ermöglichte ihm, seit 1750 am Burgsteinfurter Hof in verschiedenen Verwaltungsämtern bis hin zum Finanzassessor und Domänen-Rentmeister tätig zu sein. Seinen Dienst als Kapellmeister und Komponist übte er dagegen nebenberuflich und ohne Besoldung aus. Dennoch fielen in seine Amtszeit wesentliche Meilensteine der Burgsteinfurter Hofkapelle wie die Vollendung der Konzertgalerie des Bagno 1774-1776 und die Veranstaltung der ersten öffentlichen Sinfoniekonzerte an diesem Ort. Die letzten neun Jahre seines Wirkens am Burgsteinfurter Hof unter dem Grafen Ludwig zu Bentheim-Steinfurt waren jedoch zeitweilig von Spannungen aufgrund stilistischer Differenzen zwischen Klöffler und seinem Dienstherrn überschattet. Dazu kam ein schwerwiegender Fehltritt Klöfflers als Finanzbeamter des Burgsteinfurter Hofs, denn in einer finanziellen Notlage hatte er Unterschlagungen an dessen Lohnkasse begangen. Als der Aufklärung verpflichteter Regent verzichtete Graf Ludwig zwar auf eine Bestrafung seines verdienten Hofkapellmeisters, verlangte aber eine vollständige Regulierung des entstandenen Schadens. Dazu unternahm Klöffler 1781-1787 ausgedehnte Konzertreisen in mehr als 20 europäische Metropolen. Im Mittelpunkt stand dabei seine Schlachtensinfonie Bataille en musique, die mit ihrer effektvollen Darstellung des feindlichen Aufeinandertreffens zweier gegnerischer Armeen in Form von zwei vollen Orchestern in der damaligen Musikpresse Furore machte.

Klöfflers Sinfonie No. 1 D-Dur markiert dabei die Anfänge seines sinfonischen Schaffens, das insgesamt 19 Werke umfasst, die zu den besten des Komponisten gehören. Sie ist in den 1770er Jahren entstanden und gehört damit zu den ersten Versuchen Klöfflers auf dem Gebiet der Sinfonie. In zeitüblicher Weise besteht sie aus zwei schnellen Außensätzen und einem langsamen Mittelsatz. Von diesen ist der Kopfsatz in Sonatenform mit langsamer Einleitung und zwei kontrastierenden Themen, der Mittelsatz in zweiteiliger Liedform und das Finale als knappes Rondo mit dreimaliger Wiederholung des Refrains und zwei Couplets ausgeführt. Mit ihrem temperamentvollen Charakter, ihren knapp gefassten Themen und ihrer dezenten Verarbeitung des musikalischen Materials erinnert sie in ihrem Stilgestus deutlich an Sinfonien der Mannheimer Klassik. Besonderheiten stellen ihre überaus knappe Durchführung des Kopfsatzes, die nur sieben Takte umfasst, und die zahlreichen Dialoge der beiden Flöten mit dem Orchester dar, die sich mit dem besonderen Faible der Burgsteinfurter Grafen für die von ihnen meisterhaft beherrschte Traversflöte erklären. Klöfflers besondere Vorliebe für die Tonart D-Dur erklärt sich mit der Grundstimmung der damals noch durchgängig verwendeten Naturhörner, die im Burgsteinfurter Hoforchester stets mit hochrangigen Vertretern besetzt waren – ein weiterer Beleg für die am dortigen Hof gepflegte, exzellente Bläserkultur.

Als Sinfoniker stand Klöffler in der Tradition der Pariser und der Mannheimer Komponisten seiner Zeit, deren Tonsprache er um interessante Besetzungs- und Dynamikeffekte sowie um reizvolle Solopartien bereichert hat. Seine Simphonie No. 23 D-Dur bildet dafür ein Musterbeispiel. Wie seine erste Sinfonie wurde sie gegen Anfang der 1770er Jahre komponiert und gehört damit zu den Frühwerken seines sinfonischen Schaffens. Unter diesen besteht ihre eigentliche Besonderheit in der Verbindung von Stilelementen der Sinfonia Concertante und der Pariser Sinfonie ihrer Zeit. Dazu gehören die Anlage in drei Sätzen mit der Folge schnell-langsam-schnell und die Gestaltung ihres Kopfsatzes, der als Sonatensatz ohne Wiederholung des Hauptthemas in der Reprise komponiert wurde. Ihren definitiven Höhepunkt bildet bemerkenswerterweise nicht das Finale, sondern der langsame Mittelsatz in d-Moll. Er ist als Solostück für die Traversflöte angelegt und weist einen lyrischen, fast intimen Charakter auf. Mit seiner stark verzierten Melodieführung erfüllte er zugleich aber auch die Ansprüche der Steinfurter Grafen Carl und Ludwig zu Bentheim-Steinfurt an spieltechnisch anspruchsvolle Literatur für ihr Instrument. Auch der zweiteilige Schlusssatz in Sonatenform mit Wiederholung beider Teile steht in der Tradition der Pariser Sinfonie des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Auf Klöfflers Verpflichtung gegenüber der Mannheimer Klassik verweist dagegen der Beginn des Kopfsatzes mit einer für diese Stiltradition typischen Floskel, nämlich einem Oktavfall mit anschließender Drehfigur.

 

 

Paul Heinrich Masch 

Neben dem Kapellmeister Klöffler war Paul Heinrich Masch als Orchestermanager die wohl wichtigste und prägendste Gestalt des Burgsteinfurter Hoforchesters. Wie Klöffler ist auch Masch ein typischer Vertreter des ehemaligen Burgsteinfurter Hoforchesters gewesen. Dort war er 1758-1783 als Sänger für die Stimmlage Bass angestellt und zugleich mit den Aufgaben eines Orchestermanagers betraut. Seine Tätigkeit am Burgsteinfurter Hof deckt sich also recht genau mit der Regierungszeit des Grafen Carl von Bentheim-Steinfurt in den Jahren 1750-1780. Maschs besondere Wertschätzung durch den Grafen Carl lässt sich neben seiner Leitungsfunktion in der Hofkapelle an seiner Erhebung zum Kammerassessor am Burgsteinfurter Hof und durch die Zubilligung eines ungewöhnlich hohes Gehalts erkennen. Er verfügte nämlich über gute Kontakte zur Mannheimer Hofkapelle des Grafen Carl Theodor von der Pfalz, die deutliche Spuren im Repertoire der Burgsteinfurter Hofkapelle und in seinem eigenen Kompositionsstil hinterlassen haben. Darüber hinaus scheint er sich, wie viele andere Sänger seiner Zeit, eine Zeitlang in Italien aufgehalten zu haben, wie seine Neigung, mit seinem Dienstherrn statt in der damals üblichen Hofsprache Französisch überwiegend auf Italienisch zu kommunizieren, belegt. Eine sorgenvolle Anekdote im Zusammenhang mit Maschs späterem Amt als Bürgermeister der Stadt Burgsteinfurt überliefert, dass er dieses Amt nicht nur äußerst nachlässig ausgeführt, sondern wegen seiner hohen Arbeitsbelastung vor allem durch Essen kompensiert habe, so dass er nach Aussage des Hofrichters Conradi „von Chagrin und Sorge für die Stadts [sic!] Wohlfahrt“ so dick geworden sei, dass er kaum mehr singen könne. Maschs war neben seiner vielfältigen Aufgaben am Burgsteinfurter Hof also ganz augenscheinlich auch ein liebenswerter Bonvivant.

Unter seinen sieben Sinfonien zeichnet sich besonders seine Sinfonia No. 5 C-Dur durch einen äußerst individuellen, geradezu süßlich klingenden Stil aus. Formal ist sie als viersätziger Sinfoniezyklus im Stil der Wiener Klassik angelegt. Somit dürfte auch sie nicht früher als in den 1770er Jahren entstanden sein. Die Anlage ihres Kopfsatzes als Sonatensatz mit langsamer Einleitung und zwei kontrastierenden Themen folgt dabei dem zeitüblichen Modell. Ungewöhnlich lang ist für eine Sinfonie der Burgsteinfurter Hofkapelle aber mit 50 Takten seine Durchführung, die Maschs hohe Qualitäten als Komponist zweifelsfrei belegt. Die beiden Mittelsätze des Werks entsprechen ebenfalls den Hörerwartungen an eine anspruchsvolle Sinfonie der Wiener Klassik. Ihr langsamer Satz folgt der zeiteiligen Liedform, wobei der zweite Teil eine Variation des ersten darstellt. Durch sein lyrisches Thema, seine raffinierte Harmonik und seine Satzbezeichnung Andante amoroso fühlt man sich hier unmittelbar an ein stilisiertes Liebeslied nach Art der bukolischen Dichtung erinnert. Das Menuett wiederum entspricht mit seiner Dreiklangsmelodik einem echten Tanzsatz mit Bläserbesetzung im Trio. Als Finale entschied sich Masch für ein klassisches Rondo mittleren Tempos, das aus drei Wiederholungen des schwungvollen Hauptthemas und aus zwei Abschnitten mit kontrastierenden Themen besteht.

© 2025 Daniel Glowotz

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